F.Schult

Die PsychoSoziale Kolumne
 

 

Urlaub vom inneren Stress

Unseren Familienurlaub für dieses Jahr haben wir schon hinter uns. 1 Woche Nordseeinsel, kleine Ferienwohnung, weit ab vom Touristenrummel. Da unser Sohn noch nicht schulpflichtig ist sondern grad erst anfängt zu laufen, brauchen wir weder auf Schulferien noch auf besondere Attraktionen am Urlaubsort Rücksicht nehmen. Und auch die Autofahrt ist entspannter ohne Stau auf allen Autobahnen. Lediglich die nicht kindersicheren Türen und Schubladen in der Ferienküche und die Frage wo das mitgebrachte Mobile aufgehängt werden kann, beschäftigen uns dann.
Und die zwei Fragen an jedem neuen Morgen im Urlaub: „Wer will den Frühstückstisch decken? Und was wollen wir heute unternehmen?“ Gibt es diese beiden Fragen in Ihrem Urlaub auch, oder sind es vielleicht ähnliche, auf den Urlaubsort oder die Urlaubsunterkunft bezogene Fragen: „Wann wollen wir zum Frühstück gehen? Wollen wir heute eine Wanderung unternehmen? Was wollen wir uns noch anschauen?“ Sicher gibt es noch viele, ganz ähnliche „Was wollen wir heute?“ Fragen.
Mir ist erst nach 3 Tagen aufgefallen was diese Fragen alle gemeinsam haben. Sie erkennen es bestimmt schon und wissen worauf ich hinaus will. Bei mir hat es ein bisschen länger gedauert.

Alle diese Fragen beinhalten das Wort „wollen“. Ein Wort das im Alltag des Lebens oft und gerne mal unter den Tisch fällt. Da dominiert eher das Wort „müssen“, gerade in unserer von Leistungsdruck und hohen Zielen geprägten Zeit. Haben Sie schon mal gezählt wie oft am Tag Sie dieses kleine Wort benutzen? Wie oft sagen, oder denken Sie „Ich muss noch…“ an einem ganz normalen Tag? Ich habe mir mal den Spaß gemacht und darauf geachtet. Und bin durchaus überrascht und gleichzeitig geschockt von der Häufigkeit (30 mal ist da noch ein guter Wert). Egal ob es um das Aufstehen am Morgen, die ganz normale Hausarbeit, die Aufgaben bei der Arbeit, das Wäsche waschen, den Tagesablauf der Kinder oder die Freizeitaktivitäten am Abend geht, häufig wird das was wir tun vorher mit einem „muss“ versehen. Und egal wie oft wir es auch sagen oder hören, dieses kleine Wort ruft in den meisten von uns einen inneren Stress hervor, einen inneren Druck. Es ist negativ besetzt durch Erinnerungen an Situationen, in denen wir das machen müssen, oder mussten, was Andere von uns wollen.

Ganz anders das ebenso kleine Wort „will“. Das ruft bei den meisten Menschen positive Erinnerung hervor. Erinnerung an schöne Dinge, die wir selbstbestimmt tun können, die uns Gutes bescheren und uns Freude machen. Das fängt an bei der Kugel Eis die ich essen will, und hört vielleicht auf beim neuen Auto das ich mir kaufen will.
Und diese Eigenschaft können wir uns auch im Alltag zu Nutze machen. Denn anstatt den Rasen mähen zu müssen, können wir doch genau so gut den Rasen mähen wollen!

Mein alter Freund Klaus sagt immer: “Das Einzige was ich muss, ist irgendwann mal sterben. Alles Andere mache ich freiwillig!“ Und je länger ich über diesen Satz nachdenke, umso schlüssiger wird er für mich. Ich mache grundsätzlich fast alles im Leben, damit das Leben vermeintlich angenehmer wird. Ich arbeite viel, damit ich mir mehr leisten kann. Ich fahre einen Kombi, damit der Kinderwagen leichter zu transportieren ist. Ich jäte das Kraut im Garten, damit die Blumen noch zu sehen sind. Und so weiter, und so weiter. Müssen tue ich das alles nicht. Ich mache das freiwillig. Ich könnte es auch sein lassen und dann mit den Konsequenzen leben. Soweit will ich es aber gar nicht fortführen. Denn allein, es mir im Alltag das ein oder andere Mal klarzumachen etwas freiwillig zu tun, und mir das dann auch noch zu sagen, bewegt schon sehr viel. Ich tue viele Dinge nun einfach mit mehr Spaß und Leichtigkeit, freue mich auch mal darüber etwas ganz bewusst sein zu lassen. Und sogar für mich so lästige Dinge wie Büroarbeit sind auf einmal irgendwie erträglicher und gehen mir einfacher von der Hand.
Das bewusste Wollen kann jeder von uns lernen, nicht nur im Urlaub. Auch der Alltag wird dadurch selbstbestimmter und dadurch leichter. Probieren Sie es doch einfach mal aus. Sagen Sie sich: „Ich will“.
Vielleicht ist genau jetzt der Zeitpunkt für diesen neuen Blick in Ihrem Leben.
Denn: man kann das Leben nur vorwärts leben... 

Ihr Frank Schult

 

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